Interessierte Selbstgefährdung, was ist das?

Ein Trend, der sich in den letzten Jahren quer durch alle Branchen beobachten lässt, ist die interessierte Selbstgefährdung. Diese steht im engen Zusammenhang mit neuen Führungsstilen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Führen über Ziele (management bei objectives). Das Arbeitsergebnis steht über allem, insbesondere über der Selbstsorge.

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Modernes Management orientiert sich am Erfolg, die Effizienz und die Selbstorganisation der Mitarbeiter stehen im Mittelpunkt. Anwesenheitskontrollen sind out, die Kontrolle findet über Kennziffern und Benchmarks der Ergebnisse statt. Das Führen über Ziele kann eine positive Angelegenheit sein; Mitarbeiter erhalten großzügige Freiräume und identifizieren sich stärker mit ihren Aufgaben und Ihrem Unternehmen. Begleitet und unterstützt wird diese Entwicklung durch die neuen digitalen Möglichkeiten, welche wir gerne mit Kreativität, Freiheit und dem Gefühl, in der modernen Arbeitswelt angekommen zu sein, verbinden.

Die Kehrseite dieser Arbeitsgestaltung kann jedoch negative Folgen für den Einzelnen haben. Der Mitarbeiter agiert wie ein Selbstständiger auf dem Weg zur Erreichung gemeinsam mit dem Management vereinbarter hochgesteckter Ziele. Diese Arbeitsweise verlangt Flexibilität und hohe Eigenverantwortung und hemmt ein solidarisches Zusammenarbeiten mit Kollegen.

Mitarbeiter motivieren sich selbst dazu, das zu große Arbeitsvolumen durch eine Reihe von selbstgefährdenden Handlungsweisen zu bewältigen, zum Beispiel:

  • mangelhafte Pausengestaltung, in Hochphasen sogar Verzicht auf Pausen;
  • Intensivierung der Arbeitszeit, der Versuch, schneller zu arbeiten oder mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen;
  • die Einnahme von Substanzen zur Erholung, mit Medikamenten und Alkohol soll die Erholung oder das Einschlafen erzwungen werden;
  • die Einnahme stimulierender Substanzen, wovon Kaffee wahrscheinlich die harmloseste ist, unerwünschte Nebenwirkungen werden in Kauf genommen;
  • Präsentismus, Menschen erscheinen krank zur Arbeit oder kehren nach einer Erkrankung zu früh an ihren Arbeitsplatz zurück.

Zusammenfassung

Durch indirekte Steuerung (Führen über Ziele) und die damit verbundene interessierte Selbstgefährdung entstehen neue Herausforderungen für die betriebliche Gesundheitsförderung und das betriebliche Gesundheitsmanagement.

Es fällt den althergebrachten Institutionen (z. B. Betriebsrat) schwer, die moderne flexible und selbstorganisierte Arbeit zu regulieren und den Einzelnen zu schützen, denn gerade die belasteten Personen sehen Maßnahmen zur Entspannung oder Stressbewältigung eher als lästig an, weil sie der Bewältigung der anfallenden Arbeit vermeintlich im Wege stehen. Besonders bedeutsam wird dieses Thema, wenn man sich vor Augen führt, dass insbesondere die besonders engagierten Mitarbeiter von psychischen Überlastungserscheinungen betroffen sind.

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