Tapering
Unter dem Begriff Tapering (auch Taper) versteht man eine Phase der reduzierten Trainingsbelastung in der direkten Wettkampfvorbereitung. Ziel eines effektiven Tapering ist es, zum einen die durch das tägliche Training angehäufte Ermüdung auf physiologischer und psychologischer Ebene maximal zu reduzieren und zum anderen durch das Training induzierte Anpassungsprozesse optimal zu verstärken (vgl. Mujika, 2009). Das Tapering zeichnet sich generell dadurch aus, dass es sich um eine Phase reduzierten Trainings handelt. Die genaue Gestaltung des reduzierten Trainings ist dabei seit etwa Ende der 1980er-Jahre Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen und hat ganz unterschiedliche Charakteristika des Tapering hervorgebracht. Wir unterscheiden ganz grob zwischen drei Modellen des Tapering (siehe auch folgende Abbildung):
- Linearer Taper
- Exponentieller Taper
- Gestufter Taper
Reduktion der Trainingsumfänge im Tapering
Das Modell des linearen Taper stellt eine systematische, lineare Reduktion der Trainingslast dar. Das Modell des exponentiellen Taper arbeitet mit einer exponentiellen Reduktion der Trainingslast, wobei zwischen einer schnellen und größeren Abnahme der Trainingslast (fast decay) und der langsameren und weniger großen Abnahme der Trainingslast (slow decay) unterschieden wird. Der gestufte Taper reduziert die Trainingslast entgegen der beiden anderen Modelle plötzlich um einen festen Anteil auf zum Beispiel 30 % der normalen Trainingslast.
Welches Modell das beste Modell für eine leistungsverbessernde Taperingphase darstellt, lässt sich pauschal nicht beantworten: Die meisten Studien mit Hochleistungssportlern weisen für Modelle mit einer progressiven Reduktion der Trainingsbelastung die größeren Leistungszuwächse gegenüber dem gestuften Taper aus (vgl. Bosquet et al., 2007). Interessanterweise stellten Bosquet et al. in ihrer Analyse mehrerer Studien zum Thema Tapering auch fest, dass je nach Art der Ausdauerbelastung unterschiedliche Modelle des Tapering erfolgversprechend sind. So deutet sich in der Tendenz der Studien an, dass ein progressives Tapering, also ein linearer oder exponentieller Taper, für die Ausdauersportarten Schwimmen und Laufen größere positive Effekte auf die Leistung der Athleten hat als die plötzliche Reduktion der Trainingsbelastung, wie es das Modell des gestuften Taper vorsieht. Für Radsportler hingegen war der positive Effekt auf das Leistungsvermögen bei einem gestuften Taper um fast das Siebenfache höher als bei einem progressiven Taper.
In allen Studien wurde aber deutlich, dass eine Phase der reduzierten Trainingsbelastung, sei es progressiv oder plötzlich, in jedem Fall zu einer Leistungssteigerung und Adaptationsprozessen beim Athleten führt.
Die Dauer für ein effektives Tapering sollte je nach der Dauer und Intensität der Aufbauphase sowie der Dauer des Wettkampfs zwischen 8 und 14 Tagen liegen. Die optimale Dauer der Taperingphase zu bestimmen, ist sicherlich eine der schwierigsten Herausforderungen für den Trainer. Der Unterschied zwischen einem erfolgreichen und effektiven Tapering und den negativen Folgen einer Trainingspause ist fein und abhängig von Sportart und dem Anpassungsvermögen des jeweiligen Athleten. Tendenziell lässt sich die Regel formulieren, dass je intensiver der Wettkampf und je intensiver die Aufbauphase ist, desto länger sollte die Dauer des Tapering sein. Hilfreich bei der Gestaltung eines Tapering sind für den Trainer einfache Fragebögen, die zum Beispiel Schlafverhalten, allgemeine Müdigkeit und Erschöpfung erfassen. So lassen sich für jeden Athleten individuelle Verlaufskurven für ein Tapering erstellen, die bei der Planung zukünftiger Taperingphasen hilfreich sein können. In Abbildung 16 ist der Effekt auf das Leistungsvermögen im Verhältnis zur Dauer des Taper aufgetragen. Gut zu erkennen ist, dass die größte Wirkung rund um 14 Tage stattfindet.
Effekt eines Tapering auf die Leistungsfähigkeit bezogen auf die Dauer des Tapering
Positive Effekte eines Tapering sind aber auch noch nach drei oder vier Wochen Dauer zu messen. Auch aufgrund der großen Standardabweichung von bis zu 32 Tagen je nach untersuchtem Individuum ist der Erfahrungswert des Athleten und Trainers bezüglich der optimalen Dauer des Tapering nicht zu unterschätzen.
Neben der Art und Weise wie die Trainingsbelastung reduziert wird (progressiv oder plötzlich) und der Dauer der Taperingphase ist die Frage, ob besser die Intensität des Trainings oder besser der Umfang (also die Dauer der einzelnen Trainingseinheiten) reduziert werden sollte, von zentraler Bedeutung für die Planung eines Tapering. Während der naheliegende Gedanke ist, besonders intensive Einheiten aus dem Trainingsplan zu streichen, um eine optimale Regeneration und Anpassung zu erreichen, zeigen die aktuellen sportwissenschaftlichen Studien ein anderes Bild: Um ein drohendes Abtrainieren zu verhindern, ist es notwendig, dass die Trainingsintensität auch während des Tapering erhalten bleibt. Erst durch die intensiven Trainingseinheiten einer Trainingswoche werden Fähigkeiten wie aerobe Leistung, muskuläre Leistung sowie die Produktion körpereigener anaboler Hormone aufrechterhalten. Durch die insgesamt niedrigere Trainingsbelastung während des Tapering können solche qualitativ hochwertigen Trainingseinheiten zudem die physiologischen Anpassungsprozesse beschleunigen (vgl. Mujika, 2009). Die Reduktion der Trainingsbelastung sollte nicht zulasten der Intensität, sondern durch eine Reduktion des Trainingsumfangs auf circa 40–60 % der Trainingsphase vor dem Tapering (= pretaper) erreicht werden. Dabei sollte der Umfang aller Trainingseinheiten reduziert werden und nicht nur beispielsweise der Umfang der langen, niedrig-intensiven Dauereinheiten.
Hinweis Der durchschnittliche Leistungszuwachs durch ein Tapering beträgt circa 3 %. Gerade in den Ausdauersportarten mit langer Belastungsdauer machen schon wenige Prozent mehr Leistung einen großen Unterschied. |
Als realistisches Ziel lässt sich für ein effektives Tapering ein Leistungsgewinn von 0,5–6,0 % formulieren, durchschnittlich sollte der Leistungszuwachs um die 3 % betragen. So gering dieser Zuwachs erscheinen mag, gerade im Bereich des Leistungs- und Hochleistungssportes machen wenige Prozent Leistung den Unterschied zwischen einem strahlenden Gewinner oder dem unglücklichen Vierten aus. Seien Sie sich stets des Leistungsvermögens Ihres Athleten im Vorfeld des Tapering bewusst und planen Sie entsprechend realistische Ziele für die Taperingphase. Leistungswerte aus Schlüsseltrainingseinheiten während des Tapering (zum Beispiel 1.000-Meter-Zeit für Läufer oder 50-Meter-Durchgangszeiten für Schwimmer) sind hier wertvolle Informationsquellen, ob der Athlet auf dem gewünschten Weg ist oder nicht.
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