Methoden des Beweglichkeitstrainings
Die verschiedenen Dehnmethoden orientieren sich an zwei verschiedenen Formen der Beweglichkeit. Auf der einen Seite steht das aktive Dehnen, worunter das Dehnen aus eigenem Antrieb durch Kontraktion des Gegenspielers des zu dehnenden Muskels (Antagonist) zu verstehen ist. Das passive Dehnen erfolgt mit Hilfe von äußeren Kräften (zum Beispiel Partner, Schwerkraft, Wand und so weiter). Aktives und passives Dehnen kann jeweils dynamisch, mit federnden, wippenden Bewegungen erfolgen oder statisch, welches gemeinhin als Stretching bekannt ist. Abbildung 42 stellt die verschiedenen Dehnmethoden übersichtlich dar. Da die Methode Anspannungs-Entspannungsdehnen sowohl aktive und passive Elemente enthält, kann sie je nach Autor auch anders eingeordnet werden.
Methoden des Dehnens
Statisches Dehnen
Das statische Dehnen wird auch als konventionelles Dehnen bezeichnet und ist von Anfängern bis Leistungssportlern anzuwenden. Der zu dehnende Muskel wird in die Länge gezogen und diese Position gehalten. Besonders wichtig ist das langsame Einnehmen und Lösen der Dehnposition, sprich das Erhöhen und Lösen der Muskelspannung. Bei dieser Methode ist das Verletzungsrisiko auf ein Minimum reduziert. Statisches Dehnen kann passiv, zum Beispiel mit Partnerhilfe, oder aktiv, durch Kontraktion des Antagonisten, erfolgen.
Methode der Dauerdehnung (statisches, passives Dehnen) |
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Kurzbeschreibung: Einnehmen der Dehnposition, so dass eine deutliche Dehnspannung spürbar ist („andehnen“). Halten der Dehnposition, Muskulatur möglichst entspannen, ausatmen und Atempause betonen. Wenn das Spannungsgefühl nachlässt, Verstärkung der Dehnung und erneutes Halten der Dehnposition („nachdehnen“). Dabei wird die Bewegungsgrenze allmählich hinausgeschoben. |
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Intensität |
Spannungsgefühl:
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je nach Ziel leicht bis stark und angenehm bis leicht schmerzhaft möglich |
Bewegungstempo: |
Halten der Dehnposition |
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Dauer
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nach subjektivem Empfinden, ca. 20 sec andehnen und 15-30 sec nachdehnen |
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Umfang |
Serien: |
2-3 |
Trainingshäufigkeit |
je nach Trainingsziel ein- bis mehrmals wöchentlich, ggf. täglich |
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Eignung |
aufgrund der geringen Verletzungsgefahr für jede Zielgruppe geeignet; weniger zum Auf- und Abwärmen geeignet, daher bevorzugt für das gezielte Dehntraining, i. S. des Hauptteils einer Übungsstunde |
Statisches, passives Dehnen
Methode der Dauerdehnung durch Anspannen des Antagonisten (statisches, aktives Dehnen |
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Kurzbeschreibung: Die Dehnung erfolgt durch aktives Anspannen der antagonistischen Muskulatur, wodurch im Agonisten eine Dauerdehnung erzeugt wird. Während der Anspannung soll kontinuierlich weitergeatmet werden. |
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Intensität |
Kontraktion: |
(Antagonisten) mittel bis maximal möglich |
Spannungsgefühl:
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je nach Ziel leicht bis stark möglich, abhängig vom Krafteinsatz der Antagonisten |
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Bewegungstempo: |
Halten der Dehnposition |
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Dauer
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nach subjektivem Empfinden, ca. 20 sec „andehnen“ und 10-30 sec „nachdehnen“ |
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Umfang |
Serien: |
2-3, Pause nach subjektivem Empfinden |
Trainingshäufigkeit |
je nach Trainingsziel ein- bis mehrmals wöchentlich, ggf. täglich |
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Eignung: |
erfordert ein gutes Körpergefühl, daher eher für sportlich erfahrene Zielgruppen geeignet; Übungsauswahl begrenzt |
Statisches, aktives Dehnen
Dynamisches Dehnen
Das dynamische Dehnen wird durch federnde, wippende oder auch schwingende Bewegungen charakterisiert. Vorteile davon sind, dass die inter- und auch intramuskuläre Koordination geschult und die lokale Durchblutung des Muskels gefördert wird, weshalb diese Methode bei der Aufwärmung eingesetzt werden kann. Auch das dynamische Dehnen kann aktiv oder passiv erfolgen, wobei die Methode jeweils dieselbe ist.
Methode der wiederholten Dehnung (aktiv und passiv dynamische Dehnung) |
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Kurzbeschreibung: Wiederholtes, kontrolliertes und nicht ruckhaftes Schieben in die Dehnposition mit kleiner bis mittlerer Bewegungsamplitude und Betonung der Ausatmung. Dabei wird die Bewegungsgrenze allmählich hinausgeschoben. |
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Intensität |
Spannungsgefühl:
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je nach Ziel, leicht bis stark und angenehm bis leicht schmerzhaft möglich |
Bewegungstempo: |
kontrolliert, langsam bis zügig |
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Umfang |
Wiederholungen: |
nach subjektivem Empfinden, ca. 10-30 Wiederholungen |
Serien: |
3-5 |
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Trainingshäufigkeit |
je nach Trainingsziel ein- bis mehrmals wöchentlich, ggf. täglich (etwa 60-180 Wdh./Woche für Anfänger) |
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Eignung |
auch als Ergänzung zum Auf- und Abwärmen geeignet; beim aktiven dynamischen Dehnen kann eine Kräftigung der Antagonisten erreicht werden; die geringe Reizdauer ist für eine Anpassung der bindegewebigen Strukturen zu kurz |
Aktive und passive dynamische Dehnung
Das Anspannungs-Entspannungs-Dehnen (AED; auch contract-hold-relax-stretch, CHRS) ist dadurch gekennzeichnet, dass vor der eigentlichen Dehnung eine isometrische Kontraktion des zu dehnenden Muskels vorgenommen wird. Dies führt zu einer sogenannten autogenen Hemmung desselben Muskels, wodurch er entspannt und ein größerer Gelenkwinkel eingenommen werden kann.
Methode der Anspannungs-Entspannungsdehnung (AED, CHRS) |
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Kurzbeschreibung: Einnehmen der Dehnposition, so dass eine Dehnspannung spürbar ist. Zusätzlich isometrische Anspannung der gedehnten Muskulatur („contract“). Unter Beibehaltung der Gelenkstellung („hold“) den Muskel entspannen („relax“) und anschließend sofortiges Nachdehnen als Dauerdehnung („stretch“). |
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Intensität |
Kontraktion: |
mittel bis maximal möglich |
Spannungsgefühl:
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je nach Ziel leicht bis sehr stark und angenehm bis schmerzhaft möglich |
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Bewegungstempo: |
Kontrolliert; Halten, Schieben, Halten |
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Dauer
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contract: nach subjektivem Empfinden, ca. 7-10 (bis 30) sec; stretch: nach subjektivem Empfinden, ca. 10-30 sec |
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Umfang |
Serien |
2-3; ohne Pause |
Trainingshäufigkeit |
je nach Trainingsziel ein- bis mehrmals wöchentlich, ggf. täglich |
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Eignung |
Aufgrund der niedrigen Verletzungsgefahr und des kräftigenden Effektes durch die Muskelkontraktion ist diese Methode gut im Gesundheitssport anwendbar |
Methoden der Anspannungs-/Entspannungsdehnung
Praktische Hinweise
Praktische Hinweise mit entsprechendem biologischem Hintergrund, die Sie Ihrem Kunden während des Beweglichkeitstrainings mitgeben können, finden Sie in der nachstehenden Tabelle.
Übungshinweise |
Biologische Grundlagen |
Anwendung |
Langsam und kontrolliert, statisch und dynamisch dehnen; explosive und ruckhafte Dehnung vermeiden |
1) Die Aktivität der Muskelspindel steigt mit zunehmender Dehnungsgeschwindigkeit; 2) Formelemente der Gelenke schützen; |
generell |
Sanft dehnen, extreme Dehnung in den Schmerzbereich vermeiden |
Die Aktivität der Muskelspindel steigt mit zunehmender Dehnungsintensität |
generell |
Konzentration auf die Entspannung des gedehnten Muskels |
Die Dehnungsempfindlichkeit der Muskelspindel wird herabgesetzt (Sollwert) |
Dehnen im Hauptteil |
Unterstützung der Dehnung durch Kontraktion des Antagonisten |
Durch die Muskelspindel wird eine reflektorische (reziproke) Hemmung des gedehnten Muskels bewirkt |
Dehnen im Hauptteil |
Unterstützung der Dehnung durch Betonung von Ausatmung und Atempause |
Führt zu einer reflektorischen Entspannung der Muskulatur |
Dehnen im Hauptteil |
Dehnung längere Zeit (> 20 s) aufrechterhalten oder viele Wiederholungen ausführen |
1) Erreichen einer neuen Sollwerteinstellung der Muskelspindel 2) Creeping-Effekt, d. h. bindegewebige Strukturen werden in die Länge gezogen |
Dehnen im Hauptteil |
Kurzzeitig isometrisch anspannen-entspannen–nachdehnen |
Nutzen der autogenen Hemmung durch die Golgi-Sehnenorgane oder der kurzzeitigen Anpassungsblockade der Muskelspindel |
Dehnen im Hauptteil |
Kurzzeitig dynamisch intermittierend dehnen; |
Führt zu leichten Dehnungen und Kontraktionen der Muskulatur |
Dehnen zum Auf- und Abwärmen |
Praktische Hinweise für die Umsetzung der Methoden in der Praxis
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