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Krankenkassenanerkennung eines Programms nach §20 SGB V

Kriterien und Handlungsfelder

Krankenkassen fördern Maßnahmen ausschließlich entsprechend den nachstehend definierten Handlungsfelder übergreifenden und Handlungsfeld spezifischen Kriterien. Die Kriterien sind verbindlich. Die Schwerpunkte der Förderung und weitere Anforderungen können die Krankenkassen innerhalb dieser Kriterien weitgehend selbst festlegen; sie müssen nicht das gesamte Spektrum abdecken.

Ziel der primärpräventiven Maßnahmen ist es, den allgemeinen Gesundheitszustand der Versicherten zu verbessern und einen Beitrag zur Verminderung sozial bedingter Ungleichheit von Gesundheitschancen zu erbringen.

Im Rahmen des individuellen Ansatzes eignen sich hierzu vor allem Maßnahmen, die gesundheitsbewusstes Verhalten sowohl durch Vermeidung verhaltensbezogener Risiken als auch durch Vermehrung krankheitsunspezifischer gesundheitlicher Ressourcen stärken.

Nachhaltige Wirkung entfalten diese Maßnahmen nur dann, wenn die Versicherten die erlernten gesundheitsförderlichen Verhaltensweisen regelmäßig und dauerhaft in ihren Lebensalltag integrieren. Evidenzbasierte Informationen für Versicherte zu den wichtigsten Themen einer gesundheitsförderlichen Lebensgestaltung, die auch die Inhalte der im folgenden beschriebenen primärpräventiven Maßnahmen unterstützen, hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erstellt.

Aus Gründen der Übersichtlichkeit sowie im Hinblick auf die praktische Umsetzung werden die einzelnen Handlungsfelder mit ihren Präventionsprinzipien getrennt dargestellt. Für eine erfolgreiche, ganzheitlich angelegte Prävention kann die Verknüpfung von Maßnahmen aus verschiedenen Handlungsfeldern sinnvoll sein. Dadurch wird auch dem Prinzip Rechnung getragen, nicht isoliert einzelne Krankheiten oder Risikofaktoren in das Zentrum der präventiven Bemühung zu stellen, sondern auf den allgemeinen Gesundheitszustand abzuzielen.


Handlungsfelder übergreifende Kriterien


Alle von den Krankenkassen geförderten Maßnahmen müssen hohen Qualitätsmaßstäben genügen. Zur Sicherstellung einer hohen Effektivität (Ergebnisqualität) sind die Leistungen von Anbietern mit geeigneter fachlicher und pädagogischer Qualifikation (Strukturqualität), auf Basis erprobter und evaluierter Konzepte (Konzept- und Planungsqualität) und unter angemessenen organisatorischen Durchführungsbedingungen (Prozessqualität) zu erbringen. Insbesondere für sozial benachteiligte Zielgruppen sind die Maßnahmen möglichst niedrigschwellig zur Verfügung zu stellen.

Die Krankenkasse hat das Recht, die Einhaltung der Kriterien des GKV-Leitfadens in der geltenden Fassung auch vor Ort zu überprüfen. Doppelfinanzierungen von Maßnahmen sind auszuschließen.

Kriterien für die Strukturqualität (Anbieterqualifikation)


Für die Durchführung der Maßnahmen kommen unter Berücksichtigung der Ausführungen zu den einzelnen Präventionsprinzipien Anbieter mit folgenden Voraussetzungen in Betracht:

  • Grundqualifikation: Staatlich anerkannter Berufs- oder Studienabschluss im   jeweiligen Fachgebiet (Handlungsfeld)
  • Zusatzqualifikation: Spezifische, in der Fachwelt anerkannte Fortbildung
  • Einweisung in das durchzuführende Programm (ist ggf. in der Zusatzqualifikation enthalten).


Ferner müssen Anbieter über pädagogische, methodische und didaktische Kompetenzen sowie Berufserfahrung verfügen. Insbesondere bei Maßnahmen, die sich an sozial Benachteiligte richten, sollen die Anbieter zusätzlich über sozialpädagogische Kompetenzen verfügen.

Kriterien für die Konzept- und Planungsqualität
Förderfähig sind ausschließlich Konzepte, die folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Manual mit schriftlicher Fixierung von Aufbau, Zielen, Inhalten und Methoden
  • Teilnehmerunterlagen
  • konkrete Definition der adressierten Zielgruppe/n
  • wissenschaftlicher Nachweis der Wirksamkeit.


Die Sicherung der Nachhaltigkeit ist im Konzept besonders zu berücksichtigen. Sie kann auch durch eine Nachbetreuung nach Abschluss der Maßnahme gesichert werden.

Kriterien für die Prozessqualität


Für die Durchführung der Maßnahmen gelten folgende Kriterien:

  • Gruppenberatung: Zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit und zur Motivationsstärkung der Teilnehmer untereinander finden die Maßnahmen grundsätzlich in Gruppen angemessener Größe (maximal 15 Personen) statt.
  • Zielgruppenhomogenität / Kontraindikationen: Die Kursteilnehmer/innen gehören der ausgewiesenen Zielgruppe an; Kontraindikationen sind auszuschließen.
  • Umfang / Frequenz: Die Maßnahmen umfassen grundsätzlich mindestens 8 Einheiten von jeweils mindestens 45 Minuten Dauer in der Regel im wöchentlichen Rhythmus. Sie sollen 12 Einheiten à 90 Minuten Dauer nicht überschreiten. Bei Handlungsfelder übergreifenden Maßnahmen muss die Intervention zum primären Handlungsfeld mindestens 8 Einheiten à 45 Minuten umfassen.
  • Räumlichkeiten: Die Räumlichkeiten sind der Maßnahme und Gruppengröße angemessen.


Krankenkassen können im Ausnahmefall für besondere Zielgruppen, die nicht regelmäßig an mehrwöchigen Kursen teilnehmen können, die Maßnahmen auch als Kompaktangebote, verteilt auf mindestens zwei Tage, bei gleichem Gesamtumfang fördern. Kompaktangebote können wohnortnah oder wohnortfern durchgeführt werden. Zielgruppen für Kompaktangebote sind insbesondere berufstätige Versicherte mit Arbeitszeiten, die eine Regelmäßigkeit nicht zulassen, sowie Versicherte mit hoher zeitlicher Beanspruchung.

Bei wohnortfernen Kompaktangeboten beteiligen sich die Krankenkassen ausschließlich an den Kosten der Präventionsmaßnahmen selbst, nicht an denen für Unterkunft, Verpflegung, Kurtaxe und andere Leistungen; diese Kosten sind von den Kosten der Maßnahme getrennt auszuweisen. Jegliche Quersubventionierung von Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Kurtaxe und andere Leistungen ist untersagt. Die Kosten eines Kompaktangebotes dürfen die Kosten eines vergleichbaren kontinuierlichen Wohnort gebundenen Angebots nicht übersteigen. Kompaktkurse müssen immer vorab bei der Krankenkasse beantragt und vor Kursteilnahme von dieser genehmigt sein. Die Ausübung des Rechts der Krankenkasse, die Einhaltung der Kriterien des GKV-Leitfadens in der geltenden Fassung auch vor Ort zu überprüfen, muss mit vertretbarem Aufwand möglich sein.

Kriterien für die Ergebnisqualität

Die den geförderten Maßnahmen zu Grunde liegenden Programme müssen ihre prinzipielle Wirksamkeit bereits vorab wissenschaftlich nachgewiesen haben (s. Kriterien für die Konzeptqualität). Für eine kontinuierliche Qualitätssicherung und -verbesserung im Routinebetrieb ist eine begleitende stichprobenartige Evaluation sinnvoll. Hierzu stehen den Krankenkassen erprobte Instrumente und Verfahren zur Verfügung. Anbieter müssen sich bereit erklären, sich an den von Krankenkassen und ihren Verbänden initiierten oder durchgeführten Evaluationsmaßnahmen zu beteiligen.

Kriterien für eine erleichterte Inanspruchnahme durch sozial benachteiligte Zielgruppen

Um sozial benachteiligten Personen, insbesondere Empfänger/innen von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld I und II und Grundsicherung, die Nutzung von Präventionsmaßnahmen des individuellen Ansatzes zu erleichtern, sollen die Krankenkassen für diesen Personenkreis nach vorheriger Prüfung und Genehmigung der Maßnahme die Kosten ganz oder teilweise direkt übernehmen (Vermeidung eines Eigenanteils und / oder von Vorleistungen der Versicherten). Hierzu sind regionale und / oder landesweite Vereinbarungen zwischen Krankenkassen und geeigneten Trägern (z. B. Träger der Grundsicherung / der Einrichtung) möglichst Kassenarten übergreifend notwendig. In diesen Vereinbarungen sind auch die Modalitäten der Kostenübernahme zu regeln (z. B. Befreiung der Zielgruppe von Vorleistungen, Ausschluss von Doppelfinanzierungen). Krankenkasseneigene Angebote, die sich speziell an sozial benachteiligte Personengruppen richten, sollen über geeignete Zugangswege an diese Zielgruppen gebracht werden.

Kriterien für Breitenwirksamkeit und Nachhaltigkeit

Krankenkassen fördern ausschließlich zeitlich befristete Maßnahmen (s. Kriterien für die Prozessqualität). Eine kontinuierliche Inanspruchnahme von Maßnahmen (Dauerangebote) kann von den Krankenkassen nicht finanziert werden. Die Teilnehmer der Maßnahmen sollen befähigt und motiviert werden, nach Abschluss der Intervention das erworbene Wissen bzw. die erworbenen Fertigkeiten / Übungen selbstständig anzuwenden und fortzuführen sowie in ihren (beruflichen) Alltag zu integrieren. Krankenkassen und Anbieter weisen daher die Versicherten / Teilnehmer auf ergänzende Angebote, z. B. von Sportvereinen, Volkshochschulen hin, die in Eigenverantwortung wahrgenommen werden können.

Zur Erhöhung der Breitenwirksamkeit der verfügbaren finanziellen Mittel ist ferner die Förderung durch die Krankenkassen auf maximal zwei Kurse pro Versichertem und Kalenderjahr begrenzt. Die Wiederholung gleicher Maßnahmen im Folgejahr ist auszuschließen.

Die Übernahme bzw. Bezuschussung von Mitgliedschaftsbeiträgen in Sportvereinen, Fitnessstudios und ähnlichen Einrichtungen sowie die Gewährung finanzieller Anreize nach § 20 SGB V hierzu ist nicht zulässig. Gleiches gilt für die Verrechnung von aktuellen, früheren oder zukünftigen Mitgliedsbeiträgen mit Kursgebühren.

Ausschlusskriterien

Nicht förderfähig sind Maßnahmen, die

  • von Anbietern durchgeführt werden, welche ein wirtschaftliches Interesse am Verkauf von Begleitprodukten (z. B. Diäten, Nahrungsergänzungs- oder homöopathische Mittel, Sportgeräte) besitzen
  • nicht weltanschaulich neutral sind
  • an eine bestehende oder zukünftige Mitgliedschaft gebunden sind
  • sich an Kinder unter sechs Jahren richten 47
  • auf Dauer angelegt sind.


Kriterienprüfung

Vor der Förderentscheidung prüft die Krankenkasse die Einhaltung der Qualitätskriterien dieses Leitfadens. Sind diese nicht erfüllt, darf die Maßnahme nicht zu Lasten der Krankenkasse durchgeführt werden. Zur Prüfung stehen den Krankenkassen gemeinsame und einheitliche Materialien und Instrumente zur Verfügung48. Im Interesse der Verwaltungseffizienz und der einheitlichen Anwendung des Leitfadens Prävention empfehlen der GKV-Spitzenverband und die Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene eine gemeinsame Kriterienprüfung durch die Krankenkassen oder von ihnen beauftragte Dritte.

Der Anhang des Leitfadens (Kapitel 9) enthält ein Musterformular eines Antrags auf Bezuschussung des Versicherten mit vom Anbieter auszufüllender Teilnahmebescheinigung und Verpflichtungserklärung des Anbieters.

Notwendige Angaben auf diesem Formular sind:

Von Seiten des Versicherten:

- Name, Vorname, Geburtsdatum, Krankenversicherungsnummer, Bankverbindung
- Titel der besuchten Maßnahme
- Bestätigung der Teilnahme
- Bestätigung, dass keine Verrechnung bzw. Erstattung der Teilnahmegebühr durch den Anbieter erfolgt
- Kenntnisnahme, dass ein zu Unrecht erhaltener Zuschuss zurückzuzahlen ist
- persönliche Unterschrift.

von Seiten des Anbieters:

- Bestätigung der Teilnahme des Versicherten mit Zeitraum, Anzahl und Dauer der besuchten Maßnahme
- Zuordnung der Maßnahme zu einem Präventionsprinzip
- Name des Kursleiters / der Kursleiter mit Angaben zur Qualifikation und Zusatzqualifikation
- Erklärung der persönlichen Durchführung durch den / die Kursleiter
- Höhe der entrichteten Teilnahmegebühr
- Erklärung, dass die Maßnahme von der Krankenkasse als förderfähig anerkannt wurde und nach den Kriterien des GKV-Leitfadens umgesetzt wurde
- Erklärung, der Steuerpflicht und der Pflicht zur Abführung von Beiträgen zur Sozialversicherung zu entsprechen
- Bestätigung, dass keine Verrechnung bzw. Erstattung der Teilnahmegebühr erfolgt und die Teilnahme nicht an die Bedingung einer Mitgliedschaft geknüpft ist
- Erklärung, dass die Teilnahmegebühr ausschließlich der Bezahlung des Präventionsangebots dient (keine Quersubventionierung)
- Erklärung, dass die gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen
- Kenntnisnahme des Rechts der Krankenkassen zur unangemeldeten Prüfung der Einhaltung der Bestimmungen des GKV-Leitfadens vor Ort
- Kenntnisnahme der rechtlichen Folgen möglicher Verstöße gegen den GKV-Leitfaden Prävention (siehe Infobox S. 40) - Persönliche Unterschrift.

"Sofern ich als Anbieter die mir nach dem GKV-Leitfaden Prävention obliegenden Pflichten nicht erfülle und / oder entgegen dessen Bestimmungen handle, kann von der betroffenen Krankenkasse Abhilfe und / oder Unterlassung verlangt werden. Hierfür setzt die Krankenkasse eine angemessene Frist.

Bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen kann die betroffene Krankenkasse nach erfolgter Anhörung eine angemessene Strafzahlung bis zu 5.000 EURO festsetzen. Unabhängig davon ist der entstandene Schaden zu ersetzen. Ich verpflichte mich, den Versicherten insoweit freizustellen und zu Unrecht erhaltene Beträge direkt an die betroffene Krankenkasse zurückzuführen.

Schwerwiegende oder wiederholte Verstöße rechtfertigen ferner den Ausschluss von weiterer Förderung der von mir angebotenen individuellen Maßnahmen.
Schwerwiegende Verstöße gegen den GKV-Leitfaden Prävention sind insbesondere:

  • Nichterfüllung organisatorischer, sächlicher, fachlicher und/oder personeller Voraussetzungen;
  • Abrechnung nicht erbrachter Leistungen;
  • Nicht fristgerechte Beseitigung von Beanstandungen."


Falsche Angaben auf der Teilnahmebescheinigung im Hinblick auf die Voraussetzungen für eine Förderung können zu Rückforderungen der gezahlten Beträge und zum Ausschluss aller von dem entsprechenden Anbieter durchgeführten Maßnahmen von weiterer Förderung führen. Sie können weitere rechtliche Schritte nach sich ziehen. Näheres regeln die Krankenkassen vor Ort.

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