Gesundheitspolitik im Unternehmen
Obwohl unter Forschern weitestgehend Einigkeit über die hohe Bedeutung des Gesundheitszustandes der Beschäftigten für den unternehmerischen Erfolg herrscht, wird in der Praxis insbesondere das Thema Gesundheit in Betrieben oftmals als lästiges Randthema betrachtet. Dabei wird nicht verstanden oder ignoriert, dass BGF erforderlich ist.
Entscheidungsträger stufen das Thema Gesundheit oft als unbedeutend für die betriebliche Unternehmenspraxis ein, obwohl es gerade die Arbeitswelt ist, die die Gesundheitssituation Erwerbstätiger in hohem Maße – und damit die Arbeitsfähigkeit alternder Beschäftigter – beeinflusst . Dass BGM zudem der Verbesserung der Flexibilität und Innovationsfähigkeit sowie des Betriebsklimas und einer stärkeren Identifikation der Beschäftigten mit den Betriebszielen dient, wird meist nicht erkannt oder ignoriert.
Unternehmen argumentieren, dass gesundheitsförderliche und alternsgerechte Arbeitsgestaltung finanziell, personell und zeitlich belastend und erst langfristig wirksam ist. Eine kurzfristige Mitarbeiternutzung (z. B. Leiharbeit, Befristung) mit Gesundheitsverschleiß wird stattdessen eher in Kauf genommen.
Wie eine Befragung der Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) zeigte, kommt hinzu, dass vielen Akteuren das Wissen zur konkreten Umsetzung fehlt. BGF und BGM sind in Deutschland dementsprechend nicht weit verbreitet. Laut einem Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ist nur ein Fünftel aller Betriebe diesbezüglich aktiv.
Hierbei ist eine Grundannahme in vielen Unternehmen, dass hohe Krankenstände etwas über fehlende Gesundheit aussagen und Schwierigkeiten durch Kurse schnell behoben werden könnten. Diese sind häufig unsystematisch und von wildem Aktionismus geprägt. Solche Aktivitäten haben keine nachhaltige Wirkung und werden meist von gesundheitsbewussten Mitarbeitern genutzt.
Zum anderen können Schulungen nicht dauerhaft erfolgreich wirken, wenn sich nichts an betrieblichen Rahmenbedingungen und am sozialen Kontext ändert. Die Tatsache, dass Menschen und ihr Verhalten im sozialen Kontext des Unternehmens eingebunden sind, wird oft ignoriert und dementsprechend werden interne Probleme kaum behandelt. Die häufig damit einhergehende vereinfachte Vorstellung von gesundheitsbezogenen Zusammenhängen führt dazu, dass Unternehmen bezüglich verhältnisorientierter oder arbeitsplatzbezogener Maßnahmen insgesamt weniger gestalten. Individuumsorientierte BGF-Konzepte, die sich leicht als Dienstleistungen einkaufen lassen, werden komplexen Interventionen zur Veränderung der Arbeitsbedingungen vorgezogen.
Ein Grund für das Scheitern der BGF ist neben den genannten Schwierigkeiten der permanente Wandel, dem sich Organisationen ausgesetzt sehen: So unterliegt gerade das Thema Gesundheit vielfach Sparzwängen. Ursache hierfür ist, dass Gesundheit als Luxusthema betrachtet wird, das sich Unternehmen quasi gönnen, wenn die finanzielle Basis gesichert ist, statt es als Voraussetzung für Erfolg zu betrachten. Betriebe ohne BGM realisieren zudem dessen Bedeutung für Krisenzeiten deutlich seltener. In Krisenphasen greifen Unternehmen eher zu weiterer Kostensenkung und Einsparung als auf gesundheitsgerechte Personalpolitik zurück.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine systematische Gesundheitsförderung in Form eines umfassenden BGM in deutschen Unternehmen weitestgehend fehlt. Während verhaltensbezogene BGF-Maßnahmen teils angenommen werden, werden tiefgreifende, strukturelle arbeits- bzw. organisationsbezogene Verbesserungen kaum durchgeführt, obwohl sie solch entscheidenden Einfluss auf Gesundheit und Arbeit haben und eigentlich in der in der Verantwortung der Organisation liegen.
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