Belastungs-Beanspruchungs-Modell
Das in der deutschen Arbeitswissenschaft wohl am weitesten verbreitete Erklärungsmodell ist das Belastungs-Beanspruchungs-Modell nach Rohmert und Rutenfranz. Die Begriffe psychische Belastung und Beanspruchung fanden Eingang in die europäische Norm DIN EN ISO 10075-1:2000 – Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung.
Hinweis Psychische Belastung wird definiert als "Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken" (DIN EN ISO 10075-1:2000, in: Belastungs-Beanspruchungs-Modell BAuA). Psychische Beanspruchung ist nach der Norm definiert als "die unmittelbare (nicht die langfristige) Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden augenblicklichen Voraussetzungen, einschließlich der individuellen Bewältigungsstrategien" (DIN EN ISO 10075-1:2000, in: Belastungs-Beanspruchungs-Modell BAuA). |
Das Modell verdeutlicht die Ursachen-Wirkungs-Beziehung der beiden Begriffe, wobei die Begriffe neutral formuliert werden. Die Belastungen und Beanspruchungen können sowohl positiv als auch negativ belegt sein. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden sie allerdings überwiegend im negativen Sinn benutzt.
Überträgt man die Begriffe in das Arbeitssystem, so ist die Arbeitsbelastung die Gesamtheit der äußeren Bedingungen und Anforderungen, die auf den psychischen und physischen Zustand der Person einwirken. Dies führt dann zu der Arbeitsbeanspruchung, die die innere Reaktion der Person auf die Arbeitsbelastung, abhängig von seinen individuellen Merkmalen, ist.
Die individuellen Voraussetzungen, die ein Mensch mitbringt sind:
- Innere Einstellungen: Bewältigungsstrategien, Motivation, Selbstvertrauen und -wirksamkeit
- Biologische Faktoren: Körperliche Konstitution, Alter, Geschlecht
- Qualifikation: Fähigkeiten, Fertigkeiten, Erfahrungen
- Aktuelle Verfassung: Tagesform, familiären Konflikte
Die gleiche arbeitsbedingte Belastung kann demnach bei unterschiedlichen Personen oder an unterschiedlichen Tagen zu unterschiedlichen Beanspruchungen und Beanspruchungsfolgen, kurz- und langfristig, führen. Negative Beanspruchungsfolgen resultieren aus dem Missverhältnis von Ansprüchen der Arbeitsbelastung und den individuellen Leistungsvoraussetzungen. Eine psychische Überforderung führt zu Stress und psychischer Ermüdung.
Nach Einschätzung von Arbeitsschutzexperten sind die wichtigsten arbeitsbezogenen Faktoren für eine psychische Fehlbeanspruchung:
- Arbeitsinhalt (geringer Handlungsspielraum, Daueraufmerksamkeit, Verantwortlichkeit)
- Arbeitsorganisation (Zeitdruck, Unterbrechungen und Störungen während der Arbeit)
- Soziale Beziehungen (schlechtes Führungsverhalten, interpersonelle Konflikte, Mobbing)
- Arbeitsumgebung (Lärm, Klima)
- Gesellschaftliche Rahmenbedingungen (Arbeitsplatzunsicherheit, Schichtarbeit, Überstunden)
Die folgende Abbildung verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen psychischer Belastung und Beanspruchung in Anlehnung an DIN EN ISO 10075-1:2000:
Belastungs-Beanspruchungs-Modell in Anlehnung an DIN EN ISO 10075-1
Die Einflüsse der Arbeitsbelastung wirken auf die arbeitende Person mit ihren individuellen Voraussetzungen. Wie die Belastungen auf die Person wirken, bestimmen zusätzlich Belastungshöhe und -dauer und der Zeitpunkt des Auftretens der Belastung.
Durch die Belastung kommt es zu einer psychischen Beanspruchung. Die Beanspruchungsfolgen können positiv oder negativ sein, entweder haben sie einen positiven Anregungseffekt oder einen beeinträchtigenden Effekt.
Sind die Beanspruchungsfolgen positiv, so wird sich die Motivation erhöhen, es kommt zu einer Aktivierung der Person. Langfristig entwickelt der Arbeitende sich in seinen körperlichen und psychischen Fähigkeiten und Fertigkeiten weiter, fühlt sich wohl und die Arbeit erhält gesund.
Löst die Arbeitsbelastung allerdings beeinträchtigende Beanspruchungseffekte aus, so führt dies zu psychischer Ermüdung, ermüdungsähnlichen Zuständen und Stress. Die langfristigen Folgen sind allgemeine psychosomatische Störungen und Erkrankungen, wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Beschwerden, Burnout. Betriebliche Folgen sind erhöhte Fehlzeiten, Fluktuation und Frühverrentung.
Die kurz- und langfristigen Folgen lassen sich, je nach subjektiver Beanspruchung, in die Kategorien Anregung oder Beeinträchtigung einteilen.
Das Belastungs-Beanspruchungs-Modell arbeitet den Unterschied zwischen Belastung und Beanspruchung heraus. Allerdings werden komplexere psychosoziale Belastungen und Wechselwirkungen nur teilweise beleuchtet.
Anhand des Belastungs-Beanspruchungs-Modells lassen sich zahlreiche Handlungsgrundlagen zu gesundheitsorientierten Arbeitsgestaltung erarbeiten.
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